Text: Volker Hoffmann Bilder: Volker Hoffmann

Der Junge hat einen Plan

Justus von Liebig war der berühmteste deutsche Chemiker des 19. Jahrhunderts. Erfinder des Backpulvers, des Chloroforms und der Sicherheitszündhölzer. Er war ein schlechter Schüler, das Gymnasium verließ er ohne Abschluss. Dennoch studierte er später in Paris. Alexander von Humboldt wurde auf sein Talent aufmerksam und empfahl ihn für eine Professur in Gießen. Philipp Macionga, 19-jähriger Kaderspieler des DGV und ehemaliger Schüler des Justus-von-Liebig-Gymansiums in Neusäss, war ein durchschnittlicher Schüler. Das Gymnasium verließ er 2023 mit einem Abitur von 2,6. Erfunden hat der junge Bursche rein gar nichts, aber Bernhard Langer wurde auf den überaus talentierten Golfer aufmerksam und empfahl ihn der Modemarke Bogner als künftiges Testimonial. Das verbindende Element zwischen Langer und Macionga: der Leistungssport – und ihr Heimatclub, der GC Augsburg. Die Chemie stimmt. Bernhard Langer ist Manciogas großes Vorbild.

Langers Empfehlung beruht natürlich in erster Linie auf Maciongas sportlichen Leistungen, nicht seiner phänotypischen Eignung als Bogner-Model. Und die Performance des jungen Burschen kann sich sehen lassen: Bayerischer Meister 2019, Sieg bei den Framas Open 2021, fünfter Platz bei der Einzelweltmeisterschaft 2023 und als bester Europäer ein dritter Platz bei der Team-Weltmeisterschaft 2023. Er war seit 2015 im BGV-Kader und wird seit 2021 als Spitzenathlet vom DGV gefördert. Mit seinem Team vom GC Augsburg ist er kürzlich in die Bundesliga aufgestiegen. Macionga und sein Umfeld gehen planvoll und umsichtig vor. Im Januar spielte er in Ägypten als Amateur sein erstes Turnier auf der Pro Golf Tour und wurde mit elf unter Par auf Anhieb Zweiter. In der dritthöchsten Spielklasse will er sich in Zukunft beweisen, um dann ab 2026 eine weitere Professionalisierung auf der Challenge Tour anzustreben. Langfristiges Ziel ist dann die Etablierung auf der DP World Tour.

Philipp Macionga mit Bernhard Langer

Im Alter von sechs Jahren hatte Macionga schon seinen Platzreifekurs hinter sich. Motiviert und angeregt von seinen Eltern, beide Mitglied im GC Augsburg. Als Kind spielte er er auch Fußball und fuhr Ski, aber mit zwölf stand dann allein Golf im Mittelpunkt. Er durchlief in Augsburg alle Jugendmannschaften. Seit langem wird er dort von Felix Eibl gecoacht, ehemaliger Playing Pro und heute Jugend- und Mannschaftstrainer in Augsburg. „Felix ist auch ein sehr guter Sportpsychologe, er hat einen Master mit Schwerpunkt Training und Coaching und da geht es im Training dann auch immer um mentale Dinge, das ist echt wichtig“, sagt Macionga. Dass die Schule darunter leidet, wenn man sich so intensiv dem Sport widmet, ist klar. Bis zu 70 Fehltage kommen da schon einmal zusammen. Dennoch hat er das Abitur ja „in der Tasche“ und wenn sein Plan nicht aufgeht, „kann ich ja immer noch studieren, Architektur zum Beispiel, oder Medizin, so wie mein Vater, das wäre doch ganz interessant.“ Finanziert wurde Macionga bislang größtenteils von seinen Eltern und den Verbänden, aktuell wird er auch von der Deutschen Sporthilfe monatlich finanziell unterstützt. Für einige Zeit wird das aber sicher ein Nullsummenspiel. Trainer, Turniereisen, Hotels – alles ist kostspielig. Der Weg bis zum ersten Preisgeld ist steinig. Um sich geschart hat der Augsburger ein kompetentes Team aus Golftrainer, Mentaltrainer, Athletiktrainer, Physio und Beratern, die ihn auf seinem Weg begleiten. 50 Stunden trainiert er pro Woche, Golf-, Mental- und Athletiktraining. „Golf ist praktisch jetzt schon mein Beruf“, sagt der junge Mann, „auch wenn ich kein Gehalt beziehe. Nur so kann ich es auf die DP World Tour schaffen. Diesem Ziel werde ich alles andere unterordnen.“ Und wenn man im Gespräch so in sein jugendlich-unbekümmertes Gesicht blickt und gleichzeitig die ambitionierte Ernsthaftigkeit seines Ausdrucks bemerkt, glaubt man Philipp aufs Wort.

Dank seinem Sieg bei der Bernhard Langer Youth Trophy erhielt Macionga eine Wildcard für die German Challenge im Wittelsbacher GC Anfang September. Zuvor spielte er in den Niederlanden bei den Staan Open der Pro Golf Tour und erreichte einen beachtlichen fünften Platz. Bei der German Challenge auf der Anlage des Wittelsbacher Golfclubs bei Neuburg hatte sich Macionga einiges vorgenommen. Im Idealfall wollte der Augsburger unter die Top Ten kommen. Das gelang nicht, aber immerhin schaffte er den Cut und landete auf dem 59. Platz - mit Runden von 73, 70, 74 und 77. Ein sehr beachtliches Resultat auf der Challenge Tour. Und wenn es weiter so gut läuft, geht sein Plan hoffentlich auf und wir werden ihn in nicht allzu ferner Zukunft in der ersten Liga des Golfsports erleben. •

PHILIPP MACIONGA

Abitur am Justus-von-Liebig-Gymnasium in Neusäss 2023, 19 Jahre alt. Heimatclub: GC Augsburg
2015 bis 2019 Talentkader des BGV
2019 bis 2021 Spitzenförderung des BGV Ab 2001 Nationalkader (NK1) des DGV

Platzierungen
1. Bayerische Meisterschaft Einzel 2019
1. Framas Open 2021
1. French Boys Quali 2022
5. Einzel-Weltmeisterschaft 2023
3. Team-Weltmeisterschaft 2023
2. Red Sea Ain Sokhna Open, Pro Golf Tour 2024
9. Haugschlag NÖ Open, Pro Golf Tour 2024
5. Staan Open, Pro Golf Tour

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